Nitinol in der Medizintechnik – Dr. Mürrle im Interview

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Ingpuls startet Zusammenarbeit mit Dr. Mürrle im Nitinol-Markt

Seit rund einem Jahrzehnt entwickelt die Ingpuls GmbH bereits kundenspezifische Legierungen und Komponenten auf Nitinol-Basis. Diese Legierungen – auch Formgedächtnislegierungen genannt – werden ebenfalls seit mehreren Dekaden erfolgreich in der Medizintechnik eingesetzt. Prominente Erfolgsbeispiele aus Nitinol sind Stents, Führungsdrähte oder Wurzelkanalfeilen. Nach der Ausgründung als Spin-Off des Instituts für Werkstoffe an der Ruhr-Universität Bochum galt der

technologische Fokus zunächst auf Produkte und Anwendungsfelder abseits der Medizintechnik, wie z.B. das Thermomanagement im Automobilbereich. Für die Gründer um Dr. Christian Großmann war früh klar, dass der Weg von Ingpuls früher oder später auch in die Medizintechnik führen würde:

NiTi-FGL bzw. Nitinol haben ihre erste Heimat in der Medizintechnik gefunden

„NiTi-FGL bzw. Nitinol haben marktseitig ihre erste Heimat in der Medizintechnik gefunden. Hier hat sich über mehrere Jahrzehnte hinweg diese Technologie in den unterschiedlichsten Bereichen etabliert. Eine starke Zulieferindustrie ist entstanden und lange war dieser Markt Treiber für Prozesse und Fertigungstechnologien. Dort heute einzusteigen kann nur gelingen, wenn ein Zulieferer besondere Mehrwerte für und mit seinen Kunden generiert. Genau hier setzen wir an. Die in anderen Märkten erworbenen Kompetenzen übertragen wir nun auf die Medizintechnik. Durch präzisere und besser reproduzierbare Materialeigenschaften, geringere Lieferzeiten und unser Technologieverständnis sind wir in der Lage, für unsere Kunden signifikant Kosten einzusparen und überdiese neue Anwendungspotentiale zu erschließen.“ (Dr. Christian Großmann, CEO Ingpuls GmbH)

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Für den Aufbau des neuen Medizintechnik-Segmentes von Ingpuls konnte das Unternehmen mit Dr. Ulrich Mürrle einen ausgewiesenen Fachmann auf dem Gebiet der medizinischen Nitinol-Anwendungen gewinnen. Während seiner früheren Stationen als Geschäftsführer der Vascotube GmbH (Nitinol-Rohre) sowie Memry GmbH (Nitinol-Bleche) hat Dr. Mürrle maßgeblich den Nitinol-Markt in Deutschland mitgestaltet. In seiner neuen Rolle als Senior Advisor Medical & Material Science wird

Dr. Mürrle den Markeintritt von Ingpuls begleiten und maßgeblich im strukturellen Aufbau der Unit sowie den damit zusammenhängenden vertrieblichen Prozessen operativ unterstützen. Zu Beginn seiner Tätigkeit wurde Herr Dr. Mürrle durch die Presseabteilung von Ingpuls zu seiner neuen Aufgabe befragt, anbei finden Sie das vollständige Interview.

Felix Manhart: Herr Dr. Mürrle, wann sind Sie das erste Mal auf Ingpuls aufmerksam geworden?

Dr. Ulrich Mürrle: Das erste Mal bin ich 2012/2013 mit Ingpuls in Kontakt gekommen, genau kann ich es gar nicht sagen. In jedem Falle kam der Kontakt über einen meiner Kollegen zustande, der ursprünglich aus Bochum kommt und somit auch den Sonderforschungsbereich 459 an der Ruhr-Universität Bochum kannte. Er war mit der Szene vertraut und über ihn bin ich damals auf Ingpuls aufmerksam geworden.

Felix Manhart: Wie sehen die ersten Schritte aus, die sie in Hinblick auf den Eintritt von Ingpuls im Medizinmarkt planen?

Dr. Ulrich Mürrle: Wir steigen ein mit Schmelzprodukten und nutzen hier unser werkstofftechnisches Knowhow diese Produkte flexibel einzustellen und nutzbar zu machen – das wird für unsere Kundenbindung künftig sehr wichtig sein. Im Vordergrund stehen für uns zunächst die weiterverarbeitenden Unternehmen dieser Schmelzprodukte. Natürlich denken wir aber auch an die Endkunden, diese haben ein großes Interesse an den Eigenschaften des Endprodukts, die Eigenschaften werden entscheidend von der Qualität des Ausgangsmaterials beeinflusst.

Felix Manhart: Wie schätzen Sie allgemein das Potential im Medizinmarkt ein, welche aktuellen Entwicklungen gibt es aus Ihrer Sicht?

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Dr. Ulrich Mürrle

Dr. Ulrich Mürrle: Der Teilmarkt in der Medizintechnik, der mit Nitinol zusammenhängt, liegt etwa bei 10% des Gesamtmarktes. Schätzungen nach, liegt alleine in diesem Segment die Wachstumsrate bei ebenfalls 10% – das bestätigen auch die Zahlen der Wettbewerber. Dabei geht es um Themen wie 3D-Druck, Beschichtung usw. In den nächsten Jahren wird sich also viel tun und wir können sicherlich unseren Teil dazu beitragen, das Thema FGL bzw. die Anwendungen auf Nitinol-Basis weiterzuentwickeln.

Felix Manhart: Wo sehen Sie die Vorteile von Ingpuls innerhalb des Medizinmarktes, was ist der Unterschied zwischen Ingpuls und anderen FGL-Herstellern?

Dr. Ulrich Mürrle: Ingpuls ist eine Firma, die auf sehr tiefgreifendes Knowhow des Werkstoffs und der damit verbunden Phänomene der Formgedächtnistechnik und der Superelastizität zurückgreifen kann. Das Team versteht die Ursachen und Wirkungen, dazu ist es jung, dynamisch, flexibel und vor allem kundenorientiert. In meinen Augen hat Ingpuls also eine sehr gute Chance einen Teil des Markt-Segments – auch im Bereich der Schmelzprodukte zu beanspruchen.

Felix Manhart: Wie beurteilen Sie Bochum als FGL-Standort im Vergleich zum Rest der Welt?

Dr. Ulrich Mürrle: Die Konzentration in Bochum ist sehr gut, aufgrund der Nähe zur Ruhr- Universität aber auch durch andere Forschungseinrichtungen, öffentliche Einrichtungen und Förderprogramme. Bochum ist auch deswegen gut, weil der Arbeitsmarkt qualifizierte Leute hervorbringen kann. Dies ist in dem Bereich in jedem Falle einfacher als im Vergleich zu Süddeutschland, wo ich beispielsweise herkomme. Wenn man national oder international schaut, gibt es natürlich weitere Standorte, die günstige Bedingungen vorweisen können – Bochum hat aber in jedem Falle eine sehr gute Ausgangsposition in diesem Bereich.

Felix Manhart: Was erhoffen Sie sich von der gemeinsamen Zusammenarbeit, was sind Ihre Ziele, die Sie mit Ingpuls erreichen wollen?

Dr. Ulrich Mürrle: Ich möchte meinen Teil dazu beitragen Ingpuls weiterzuentwickeln, insbesondere natürlich im Bereich der Medizintechnik und der Herstellung von Nitinol. Zunächst geht es um den Markteintritt und um die Nitinol-Werkstoffe, alleine das wird schon einige Jahre in Anspruch nehmen. Ich bin am Ende meiner Karriere, habe somit sehr viel Zeit und möchte noch etwas beitragen: und das in einem Team, welches erfolgsorientiert ist und gute Voraussetzungen hat, diese Erfolge zu verwirklichen. Da freue ich mich drauf!

Felix Manhart: Haben Sie noch in paar letzte Worte, die Sie evtl. loswerden möchten?

Dr. Ulrich Mürrle: Ich wünsche mir, dass wir das, was Ingpuls bislang in der Aktorik geleistet hat, auch auf die Medizin anwenden.

Felix Manhart: Vielen lieben Dank für das Gespräch!

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